Hier werden Brücken gebaut für Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störung
Mehr als andere halten Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung an Ritualen fest und üben Widerstand gegenüber Veränderungen. Auch Konzentrationsschwierigkeiten und eine gestörte soziale Interaktion sind typische Verhaltensmuster der Jungen und Mädchen, die rund um Quedlinburg Regel- und Förderschulen besuchen und individuelle Hilfe erfahren in der ASB-Fördertagesgruppe.
An das Gewusel und die Lautstärke muss man sich erstmal gewöhnen. Vor allem unmittelbar nach dem Eintreffen der Kinder. Denn der übliche Schulalltag ist für sie äußerst herausfordernd, es gilt die vielen Reize zu verarbeiten. „Da muss sich eben auch erstmal abreagiert werden“, erzählt Janine Adamski, Leiterin und Initiatorin der Anfang des Jahres ins Leben gerufenen Fördertagesgruppe beim ASB-Regionalverband Altkreis Quedlinburg e.V.
Mehr als andere halten Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung an Ritualen fest und üben Widerstand gegenüber Veränderungen. Auch Konzentrationsschwierigkeiten und eine gestörte soziale Interaktion sind typische Verhaltensmuster der Jungen und Mädchen, die rund um Quedlinburg Regel- und Förderschulen besuchen. Ein Fahrdienst holt sie nach Schulschluss ab.
Für sie alle ist ein strukturierter und verlässlicher Tagesablauf extrem wichtig und fest integriert in ihrem Alltag ist der Besuch in „ASB-Fördertagesgruppe“. Hier wird ihnen und ihren Familien geholfen. Denn nicht nur die Kinder und Jugendlichen zwischen 5-18 Jahren, auch deren Eltern stehen durch die Diagnose vor großen Herausforderungen.
Nach dem Schulunterricht erhalten die Kinder in der hellen und freundlichen Sozialeinrichtung individuelle Hilfen und pädagogische und therapeutische Förderung in Kleinstgruppen und Einzelsettings. Lebenspraktische Dinge, wie zum Beispiel gemeinsames Kochen, Basteln, sportliche Aktivitäten oder das Erledigen der Hausaufgaben, stehen hierbei im Vordergrund. Die Kinder sollen bezüglich ihrer Selbstständigkeit gefordert und gefördert werden.
Heute ist Donnerstag. Abendbrottag. Jeder hat eine Aufgabe, vom Zubereiten der einzelnen Zutaten, über das Kochen, den Tisch decken bis hin zum Abwasch. Und jeder einzelne Schritt wird nach und nach erledigt. Das sogenannte Sozialtraining schult Motorik, Teamfähigkeit und Konzentration und ganz nebenbei wird das Selbstbewusstsein eines jeden gestärkt. Denn den Erfolg sehen alle spätestens beim gemeinsamen Abendessen auf dem Teller.
"Allen Autisten gemein ist, dass sie die Welt auf ihre ganz eigene Art und Weise sehen, was oft zu Missverständnissen führt", sagt Janine Adamski. "Außerdem benötigen die Kinder häufiger Pausen. Unser Ziel ist es, mit ihnen den Alltag zu gestalten, denn den sollen sie später einmal alleine bewältigen können. Dafür erarbeiten wir gemeinsam mit den Eltern und den Kindern Ziele und Meilensteine.“
Berührungsängste sind übrigens völlig unnötig und kontaktscheu sind, allen Klischees zum Trotz, nicht alle Autisten, wie Adamski betont: "Es gibt Kinder mit sehr starkem Selbstbezug, aber andere sind sehr offen. Ihnen allen gemein ist das Unvermögen zu reflektieren und zu filtern, sie können nichts ausblenden."
Das sind die Gründe, warum die Kinder auf Ablehnung stoßen und aus dem vorgegebenen Rahmen fallen. Das Wort „Systemsprenger“ trifft es hier sehr gut. Denn das deutsche Schulsystem bietet eben nicht den Rahmen für diese besonderen Menschen, die nach Schulschluss oftmals überreizt und überflutet zu völlig überforderten Eltern nach Hause kommen.
„Und da kommen wir ins Spiel“, sagt Janine Adamski, die gemeinsam mit ihrem Team Brücken baut und den Kindern das Gefühl gibt, dass alles okay ist. Ausgebildete und engagierte Fachkräfte leisten hier jeden Tag erstaunliches, um die Barrieren für Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung ein Stück mehr abzubauen und ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.