Das Engagement in der Suchthilfe und vor allem das Projekt „Schutzhütte“ standen neben einem Besuch des ASB-Pflegezentrums auf dem Programm
ASB-Pflegezentrum Halberstadt gehen in der Pflege ebenso die Kräfte aus
Mitten in Halberstadt, zentrumsnah und leicht zu finden, hat der ASB-Regionalverband Halberstadt/Wernigerode e.V. vor zwei Jahren ein neues, modernes und einladendes Domizil bezogen. Hier ist „alles unter einem Dach“! Neben der Suchtberatung, der Suchtprävention, der Schwangerenberatung und Schwangerschaftskonfliktberatung, der Suchtbetreuung, einem Hausnotruf-Dienst und Erste-Hilfe-Kursen organisieren die Mitarbeiter von hier aus auch den ASB-Behindertenfahrdienst. Der wird professionell geleitet von Fahrdienstleiter Herrn Knochenhauer, ganz akribisch und stets die Übersicht bewahrend. Knochenhauer ist übrigens ein „Urgestein“ des ASB in Halberstadt und er ist es auch, der uns an diesem Vormittag im Januar herzlich begrüßt und dafür kurz die Leitstelle verlässt. Er erwähnt, dass heute jede Menge los ist und er sofort wieder am Platz sein muss. Schon läutet das Telefon erneut…Es gehen zusätzlich immer wieder Anrufe von Rollstuhlfahrern oder deren Angehörigen ein, die ganz kurzfristig von A nach B befördert werden möchten. In einem solchen Fall schaut Knochenhauer, ob es nicht doch noch „irgendwo eine Lücke gibt“ und eine außerplanmäßige Fahrt realisiert werden kann. Meist kann er schnell und unbürokratisch helfen.
Im Nebengebäude befinden sich die Räumlichkeiten des Projektes „Schutzhütte“, ein „Herzensprojekt“, so Sandy Hartmann (siehe Foto), die Leiterin der Suchtbetreuung. Dass die Suchthilfe des ASB in Halberstadt seit Jahren fester Bestandteil des angebotenen Portfolios ist, hat sich bis weit über die Stadtgrenzen hinaus herumgesprochen. Vor allem aber, dass hier gute Arbeit geleistet wird und man eingetretene Pfade verlässt, auch mal neue Wege geht. Und genau an einem solchen neuen Weg „steht“ das Projekt „Schutzhütte“. Hier wird Kindern von suchtkranken Eltern oder Eltern mit süchtigen Verhaltensweisen Halt gegeben, der nötige „feste Boden unter den Füßen“ bereitet und vor allem eines erfahren sie hier: Herzenswärme. Für einige Stunden können die 6 bis14-jährigen Kinder ihrem oft traurigen Alltag und dem Chaos zu Hause entfliehen. Momentan sind es zwölf „Schützlinge“, die regelmäßig in die „Schutzhütte“ kommen. Die Termine am Dienstag und Donnerstag sind genauso fest im Wochenplan der Kinder integriert, wie zum Beispiel Fußballtraining oder Musikschule. Einmal im Monat ist zusätzlich ein Samstagvormittag für die „Schutzhütten-Kinder“ reserviert. Gerade kommt Sandy Hartmann vom Einkauf, in knapp drei Stunden wird die „Hütte voll sein“. Neben viel frischem Obst und Säften packt sie Leinwände, Malfarben und jede Menge Pinsel aus.
„Heute möchte ich von unseren Kindern wissen, was für sie Glück ist. Sie sollen sich auf den Leinwänden malerisch austoben und so erzählen, was sie glücklich macht, was sie zum Lachen bringt“. Sandy Hartmann ist stolz auf das, was hier innerhalb der vergangenen fünf Jahre aufgebaut wurde. Mittlerweile findet auch ein wichtiger und reger Austausch mit den Sozialarbeitern in den jeweiligen Schulen der Kinder statt. Betreut werden die Schützlinge im Wechsel von ihr und einer weiteren Kollegin und jeweils einer ehrenamtlich tätigen Mitarbeiterin des ASB. Beide „Ehrenamtlerinnen“ sind längst in Pension, arbeiteten jedoch früher als Erzieherin und werden schon mal von den Kindern als „Ersatzomis“ okkupiert. Die Kinder suchen Halt und Vertrauen - genau das finden sie hier! Ob nun bei den gemeinsamen kreativen Bastelnachmittagen, Ausflügen ins Stadion zum 1. FC Magdeburg oder im Sommer ins Freibad nach Westerhausen. Im vergangenen Monat erklangen in der „Schutzhütte“ die schönsten Weihnachtslieder und es wurden die leckersten Plätzchen ganz Halberstadts gebacken. Für die Kinder ist die „Schutzhütte“ ein fester Bestandteil ihres Lebens.
Es ist Mittag geworden, wir machen uns auf den Weg ins ASB-Pflegezentrum und bedanken uns bei Frau Hartmann für diesen intensiven und anschaulichen Einblick in ihre so wichtige Arbeit.
Im ASB-Pflegezentrum Halberstadt angekommen, das Haus liegt in einer ruhigen Straße am Stadtrand, treffen wir die Heimleiterin Jeannine Vieth. Die studierte Verwaltungswirtin begrüßt uns nicht minder herzlich und erzählt ebenso anschaulich von ihrer Arbeit, aber auch von so manchen Problemen, die diese mit sich bringt. Sie erklärt, dass hier ausschließlich die Bewohner und deren Bedürfnisse den Alltag bestimmen, Menschlichkeit und intensive persönliche Fürsorge sind dafür wichtige Aspekte, die Sie von ihren Angestellten tagtäglich einfordert. „Wir bieten hier 101 älteren Menschen ein neues, ihr wahrscheinlich letztes Zuhause. Mit diesem Gedanken und der dafür nötigen Sensibilität sollten die Mitarbeiter in einem Pflegezentrum ihrer Arbeit nachgehen. Dass das nicht immer einfach ist, das verstehe ich.“
Was Jeannine Vieth jedoch nicht versteht, sind Entscheidungen von Politikern, weit weg von der Realität. Sie wünscht sich, dass ein Beschäftigter des Gesundheitsministeriums nur einmal eine Woche lang hier die Frühschicht übernimmt und so erfährt, was die am Schreibtisch getroffenen Entscheidungen in der alltäglichen Pflege tatsächlich für Auswirkungen haben. Ihr geht es dabei nicht nur darum, den Entscheidern in Berlin aufzuzeigen, wie zeitraubend die nötige Dokumentation mittlerweile geworden ist, sie kämpft auch um die längst fällige Anerkennung des Pflegeberufes in unserer Gesellschaft. Doch allen bürokratischen und politischen Hürden zum Trotz strahlt das Pflegezentrum Herzlichkeit aus.
„Wir sind viel Draußen“, erzählt Frau Vieth. „Die nahe gelegenen „Spiegelsberge“ und der „Halberstädter Tiergarten“ laden zu kleinen Spaziergängen ein, wir sind gemeinsam beim Bürgerbrunch, gehen auf den Weihnachtsmarkt, ins Theater oder ins Konzert“. Gerade vor solchen kulturellen Highlights gehört ein Termin bei „Schick und Schön“ für die weiblichen Bewohner inzwischen zum Beauty-Pflichtprogramm. Eine Mitarbeiterin des ASB-Pflegezentrums Halberstadt hat dieses Angebot ins Leben gerufen und bietet zwei Mal wöchentlich Handmassage, Maniküre und Nagellack an. „Da stauen sich schon mal auf den Fluren die Rollatoren und Rollstühle. Gepflegte Hände und schicke Nägel wollen die Damen hier alle haben und zum Frauentag gibt’s gratis ein Gläschen Sekt dazu.“ erzählt sie augenzwinkernd.
Ebenfalls beliebt sind die kreativen Stunden mit Pinsel, Bleistift, Farben und Leinwänden. Eine speziell ausgebildete Ergotherapeutin leitet mit immensem Ideenreichtum und viel Geduld die Bewohner an. Erstaunlich, welch künstlerische Kraft die Bilder ausstrahlen. Sie zieren die Flure und einige Besucher verweilen länger als geplant vor den intensiven Darstellungen, ganz vertieft, versunken und berührt.
Eine vierteljährlich erscheinende „Heimzeitung“, die jeder Bewohner direkt auf sein Zimmer bekommt, gehört ebenso zu den ansonsten nicht üblichen Pflege-Gepflogenheiten in der Hans-Neupert-Straße 65. Beliebte inhaltliche Rubriken sind das Rätsel, welches mancher Bewohner schneller löst als sein Pfleger in der Mittagspause. Hier sind die Termine zum Gottesdienst im Pflegezentrum veröffentlicht und seit Monaten beliebt und Gesprächsthema unter den Bewohnern ist die Reihe „Europäische Königshäuser“. Übrigens: Die Zeitung wird von den ASB-Mitarbeitern weitestgehend in ihrer Freizeit erstellt. Uns wird schnell klar, was hier tagtäglich geleistet wird, geht weit über „Normalpflege“ hinaus…
Auch dem sensiblen, jedoch stets wiederkehrenden Thema „Sterben“ widmet man sich hier mit Empathie und Professionalität. Frau Sabine Wäser, selbst als Mitarbeiterin in der Pflege beim ASB tätig, ist zusätzlich ausgebildete Hospizbegleiterin. Mit ihrem Wissen und ihrem persönlichen Einfühlungsvermögen schafft sie für jeden Verstorbenen ein ganz eigenes, individuelles Ritual. An zentraler Stelle brennen dann Kerzen, Bilder des Verstorbenen werden aufgestellt. So hat jeder Bewohner die Möglichkeit, sich würdig und auf seine Art vom ehemaligen Wegbegleiter zu verabschieden.
Die Inbetriebnahme des ASB-Pflegezentrums erfolgte im Jahr 1994 durch die Übernahme des ehemaligen Pflegeheims „Süd“, damals in Trägerschaft der Stadt Halberstadt. Das moderne Gebäude wurde im Jahr 2000 komplett saniert in Betrieb genommen.
Es war beeindruckend zu erleben, mit wie viel Herzblut und mit welchem Engagement die Mitarbeiter und Ehrenamtler beim ASB-Regionalverband Halberstadt/Wernigerode, ob nun beim Behindertenfahrdienst, in der Suchthilfe oder im ASB-Pflegezentrum, im Einsatz sind. Im Pflegezentrum ist der bundesweit beklagte Fachkräftemangel auch zu spüren. Es werden engagierte Pflegefachkräfte dringend gesucht.
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